Ein Interview von
Chris van der Kuyl ist einer von Schottlands führenden Unternehmern und arbeitet branchenübergreifend in den Bereichen Technologie, Medien, Gaming und Entertainment. Chris ist allen voran Mitgründer und Vorsitzender des preisgekrönten Entwicklerstudios 4J Studios, das dadurch bekannt ist, Minecraft für Microsoft-, Sony- und Nintendo-Konsolen zu entwickeln. Er und sein Kollege und Mitgründer Paddy Burns haben 2021 mit Chroma Ventures den Investmentzweig von 4J Studios gegründet.
Chris ist außerdem Vorsitzender von Puny Astronaut, TVSquared, Stormcloud Games und Parsley Box, sitzt im Vorstand von Blippar, Ace Aquatec und ADV Holdings und ist Aufsichtsratsmitglied des Ballie Gifford US Growth Trust. Er war neben diesen Positionen auch Gründungsmitglied von Entrepreneurial Scotland und ist zurzeit Vorstandsmitglied in mehreren Beratungs- und lokalen Wohltätigkeitsorganisationen. Im Jahre 2013 wurde Chris zu einem der jüngsten Mitglieder der Royal Society of Edinburgh gewählt. Und niemand geringeres als die Queen höchstpersönlich dankte Chris für seinen Beitrag zur Technologieentwicklung im Rahmen ihrer Birthday Honours List 2020 und kürte ihn zum Commander of the Most Excellent Order of the British Empire (CPE).
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Du bist ja nun schon einige Zeit in der Games-Branche, hast viele Trends kommen und gehen sehen. Zu den Anfangszeiten und heute: Was hat sich am positivsten verändert in der Branche und was stört Dich an der heutigen Situation?
Spielende und Schaffende waren noch nie zuvor so eng miteinander verknüpft wie heute. Und das ist großartig für die Branche, da tollen Ideen jetzt nichts mehr im Weg steht, um in die Hände der Spielenden zu kommen. Ich mache mir jedoch Sorgen um einige Modelle der Monetarisierung. Freemium- und Lootbox-Modelle sind an der Grenze dazu, dasselbe süchtig machende Verhalten wie Glücksspiele auszulösen.
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Welche Key Learnings im Bereich Marketing können andere Branchen aus der Games-Branche ziehen?
Meiner Meinung nach sollten andere Branchen davon lernen, wie die Videospielbranche den Konsumierenden zuhört und ihnen genau das gibt, was sie wollen. Weil die Kosten bei der Entwicklung von Indie-Titeln relativ gering sind, ist es großartig zu sehen, wie Unternehmen bei Produkten, die aller Wahrscheinlichkeit nach keinen Erfolg haben, Risiken eingehen, denn das führt wiederum zu sehr viel mehr Innovationen. Es wäre großartig, wenn das auch in anderen Branchen passieren würde.
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Wer sind Deine Vorbilder in der Branche? Gibt es da jemanden? Und wenn, warum?
Da gibt es zu viele, um die hier alle aufzulisten. Ich hatte das große Glück, mit einer Vielzahl von fantastischen Personen in der Branche zusammenzuarbeiten. Ich würde wahrscheinlich den verstorbenen Robert Altman von Zenimax/Bethesda hervorheben. Er war der nachdenkliche, ruhige, entschlossene, prinzipientreue und unglaubliche kreative Unternehmer schlechthin. Er war es, der Zenimax von einem fast vor der Pleite stehenden Unternehmen in die Firma transformierte, die Microsoft für 7,5 Milliarden Dollar kaufte und dabei gleichzeitig Schaffenden wie Todd Howard ermöglichte, Meisterwerke wie Skyrim zu entwickeln. Das war ein unglaublicher Drahtseil-Akt.
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Wie haben sich die Marketing-Maßnahmen und -Kanäle in den letzten Jahren gewandelt? Wo geht es hin im Bereich Games-Marketing?
Die Entstehung von Content-Creators auf YouTube haben die Art, wie Videospiele vermarktet werden, entscheidend verändert. Die Medien- und Einzelhandels-Kanäle aus alten Zeiten sind heutzutage fast irrelevant geworden und ich glaube, dass der Einfluss von angesehenen und reichweitenstarken Content-Creators weiter wachsen wird.
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Welche Social-Media-Kanäle sind für Euch als Unternehmung im Fokus?
Kurz gesagt: alle. Die Videospielbranche ist die größte Entertainment-Industrie der Welt, wir durchdringen also alle Formen von sozialen Medien. Plattformen wie Discord, Twitch und Bunch demonstrieren bereits die Macht von auf Videospielen ausgerichteten sozialen Medien und es wird sehr interessant sein zu sehen, wie sie sich in den kommenden Jahren entwickeln werden.
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Stichwort Creator- und Influencer-Marketing: Der Trend zu mehr Mikro- und Makro-Influencern mit geringerer Reichweite und weniger Fans, dafür aber mehr Authentizität und Engagement: Wie kann die Games-Branche davon profitieren aus Deiner Sicht?
Aus meiner Erfahrung heraus bezweifle ich wirklich den Wert von bezahltem Influencer Marketing. Der wahre Wert liegt in der Zusammenarbeit mit Influencer*innen, die keine „Placement-Fee“ brauchen, da ihre Follower die Authentizität ihrer Empfehlungen erkennen und verstehen. Die Branche sollte nicht faul sein und bei jedem Problem einfach nur mit Geld um sich werfen. Das funktioniert nur in den seltensten Fällen.
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Die Medienlandschaft hat sich in den letzten zehn Jahren massiv verändert. Immer noch ist aber PR eines der wichtigsten Kommunikations-Instrumente für den Bereich Games. Wo siehst Du die PR in den nächsten fünf Jahren, was werden die Herausforderungen?
PR und Kommunikation wird immer essenziell sein, aber es ist genauso wichtig, dass großartige Fachkräfte in diesem Bereich nicht bequem werden und sich auf den Kanälen der Vergangenheit ausruhen. In den nächsten fünf Jahren wird es für alle Leute in diesem Bereich die größte Herausforderung sein, relevant zu bleiben und zu verstehen, wo die Zielgruppe ihre Informationen, Empfehlungen und Videospielmedien hernimmt. Die Zielgruppe wächst mit jedem Jahr, aber nicht immer am selben Ort.
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Auf welches Projekt / Thema in Deinem Job warst Du besonders stolz?
Von all den vielen Höhepunkten in meiner Karriere würde ich besonders hervorheben, dass ich ein Teil des Teams war, das Minecraft auf Videospielkonsolen gebracht hat.
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