Ein Interview von
David Clark führt seit etwa 13 Jahren sein eigenes Beratungsunternehmen „Cuba Entertainment“. Er kam 1992 als Trade Marketing Manager bei Sega UK in die Videospielindustrie. Das erste Spiel, an dem er arbeitete, war die Markteinführung von Sonic the Hedgehog 2 für den Sega Mega Drive/Genesis. David hatte eine Reihe von Vertriebs- und Marketingpositionen bei Sega inne, bevor er zu SCi Entertainment kam, zunächst als International Sales Manager und dann als Marketing Director. Als SCi später Eidos kaufte, wurde er deren Marketing Director, bevor er in die USA zog, um VP of Business Development zu werden. Als Eidos an Square Enix verkauft wurde, kam David zurück nach Großbritannien und gründete Cuba Entertainment – ein Beratungsunternehmen für Business Development. Seitdem hat er viele Rollen und Kunden gehabt, darunter auch als Gründungsdirektor von Green Man Gaming.
In jüngster Zeit ist David ein Mitbegründer von Arcus Key, einer in China ansässigen Marketing- und PR-Agentur, die sich darauf spezialisiert hat, westliche Spiele bei den chinesischen Spielern bekannt zu machen. Außerdem ist er gerade dabei, ähnliche Angebote für den japanischen und indischen Markt zusammenzustellen.
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Du bist ja nun schon einige Zeit in der Games-Branche, hast viele Trends kommen und gehen sehen. Zu den Anfangszeiten und heute: Was hat sich am positivsten verändert in der Branche und was stört Dich an der heutigen Situation?
Aus kommerzieller Sicht erstaunt es mich immer wieder, wie schnell und effizient sich die Branche anpasst, weiterentwickelt und relevant bleibt. Die Branche übernimmt mühelos neue Technologien, stößt immer wieder in neue Märkte vor und bietet Möglichkeiten für Menschen auf der ganzen Welt. Aber das Wichtigste, was mich so lange in der Branche gehalten hat, ist, dass es einfach eine tolle Branche ist – ich habe so viele gute Freunde auf der ganzen Welt gefunden.
Für eine so dynamische und hochmoderne Branche können wir aber manchmal furchtbar konservativ sein. Aber ich denke, mein größter Kritikpunkt ist, dass ich heute in der Presse die gleichen „Videospiele sind schlecht für dich“-Beschwerden lese, die ich schon 1992 gehört habe. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir als Branche unsere soziale Verantwortung ein bisschen ernster nehmen müssen.
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Welche Key Learnings im Bereich Marketing können andere Branchen aus der Games-Branche ziehen?
Diese Frage ist schwierig zu beantworten, weil jede Branche ihre eigene Marketingdynamik hat. Da Videospiele nun hauptsächlich digital ausgeliefert werden, ist es nun möglich, globale Marketingkampagnen von einem zentralen Büro aus zu steuern. Das ist in vielen Branchen nicht möglich. Dennoch denke ich, dass die Videospielindustrie Marketern auf der ganzen Welt gezeigt hat, wie man kosteneffektive globale Kampagnen durchführt.
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Wer sind Deine Vorbilder in der Branche? Gibt es da jemanden? Und wenn, warum?
Als ich zum ersten Mal in die Branche kam, wurde das Sega-Marketingteam von Philip Ley und Simon Morris geleitet. Die Art und Weise, wie sie die Marke Sega in Europa etablierten, war erstaunlich.
Mike Sherlock (Sega) lehrte mich so viel über die kommerzielle Seite des Geschäfts. Jane Cavanagh und Bill Ennis (SCi und Eidos) waren beide einfach durch und durch nette Leute und haben mir viele Türen geöffnet. Der Kauf von Eidos (10-fache Größe ihrer Unternehmung) war der Stoff, aus dem die Lehrbücher für Firmenübernahmen sind.
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Wie haben sich die Marketing-Maßnahmen und -Kanäle in den letzten Jahren gewandelt? Wo geht es hin im Bereich Games-Marketing?
Ich bin ein Marketer der alten Schule und kann mich oft des Eindrucks nicht erwehren, dass die Grundprinzipien des Marketings durch die Mathematik der Akquisitionskosten, DAUs etc. verloren gegangen sind. Infolgedessen denke ich, dass die Bedeutung des Markenmarketings verloren geht – es ist etwas, das nicht gemessen werden kann, aber für die langfristige Lebensfähigkeit der Marke entscheidend ist. Kunden, die unsere Spiele kaufen, sind mehr als nur eine Zahl.
Mit Blick auf die Zukunft sehe ich die ständig wachsende Bedeutung von visuellen Medien, um Spiele zu bewerben (Twitch, YouTube, bilibili etc.). Ich sehe auch den weiteren Niedergang der regionalen Marketingbüros. Umgekehrt sehe ich die wachsende Bedeutung der Nischenverlagsstrategie. Nur die großen Publisher werden es sich leisten können, Massenmarktmarken wie FIFA zu vermarkten. Alle anderen Verlage werden auf spezifische Produktnischen abzielen müssen – die Zielgruppe mag kleiner sein, aber als Nische wird ihre Kaufbereitschaft höher sein, die Konversionsraten höher und damit die Marketingbudgets überschaubarer.
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Welche Social-Media-Kanäle sind für Euch als Unternehmung im Fokus?
Meine Arbeit in China hat mir gezeigt, dass Videoplattformen weiter an Bedeutung gewinnen werden – wir sind schließlich ein visuelles Medium. Die Technologie hat es Marketern ermöglicht, in direkte Konversation mit der Zielgruppe zu treten, Discord ist vielleicht das beste Beispiel. Das hat das Engagement-Marketing in vielerlei Hinsicht verändert und diese Konversationen werden für Publisher immer wichtiger werden.
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Stichwort Creator- und Influencer-Marketing: Der Trend zu mehr Micro- und Macro-Influencern mit geringerer Reichweite und weniger Fans, dafür aber mehr Authentizität und Engagement: Wie kann die Games-Branche davon profitieren aus Deiner Sicht?
Kundenempfehlungen waren schon immer der heilige Gral für Marken. In der Geschichte des Marketings hatten unbezahlte Kundenempfehlungen schon immer viel mehr Gewicht als Werbekampagnen, weil es kein Eigeninteresse gibt. Der Fokus auf organische Mikro-Influencer-Reichweite ist einfach eine Erweiterung dessen.
Es ist das alte Sprichwort „Größe ist nicht wichtig“ und die Publisher sind aufgewacht und haben die Bedeutung dieser Influencer und die Rolle, die sie spielen, erkannt. Social-Media-Teams verbringen immer mehr Zeit damit, die Streamer immer detaillierter zu recherchieren, da sie wissen, dass sie auf lange Sicht viel mehr Gewicht haben als die großen Influencer. Außerdem können diese Mikro-Influencer oft zu Fürsprechern werden, was bei negativen Themen sehr wichtig ist.
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Die Medienlandschaft hat sich in den letzten zehn Jahren massiv verändert. Immer noch ist aber PR eines der wichtigsten Kommunikations-Instrumente für den Bereich Games. Wo siehst Du die PR in den nächsten fünf Jahren, was werden die Herausforderungen?
In der Vergangenheit unterstützten PR-Kampagnen die großen Werbeausgaben. Zunehmend kehrt sich dies um und PR wird tatsächlich zur führenden Marketingaktivität. Wie bereits erwähnt, sind die PR-Kampagnen mit der zunehmenden Digitalisierung der Videospielbranche immer globaler geworden. Die Herausforderung besteht darin, die Balance zwischen globaler Kommunikation und lokaler kultureller Relevanz zu halten, insbesondere im Fernen Osten (China, Japan & Südkorea).
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Auf welches Projekt / Thema in Deinem Job warst Du besonders stolz?
Das ist einfach – der Launch von Sonic The Hedgehog 2. Alles daran war perfekt.
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