Ein Interview von
Funda Yakin ist eine Hamburger Deern mit türkischen Wurzeln, Autodidaktin und macht sich für Diversität und insbesondere Frauen in technischen Berufen stark. Sie hat fast 20 Jahre lang bei Agenturen, Publishern und auf Industrieseite im Bereich Marketing gearbeitet. Dort war sie überwiegend im technischen Bereich bei Nokia, Freenet und Microsoft tätig, bis sie aus der Telekommunikation heraus zum Mobile Gaming und damit auch vom Brand Marketing zum reinen Performance Marketing wechselte.
Aktuell verantwortet Funda als Director Media & Market Development bei InnoGames insgesamt drei Units: Media, Direct Partnerships und Business Development. Ihr Aufgabenbereich umfasst die strategische Führung dieser Bereiche mit dem Ziel, bei maximaler Skalierung das bestmögliche Ergebnis hinsichtlich des Return-on-Ad-Spends bei der User Acquisition zu erzielen.
Über das Media-Team laufen alle TV-Kampagnen für Videospiele wie Forge of Empires weltweit in über 40 Ländern. Zum Bereich Direct Partnerships zählen die zahlreichen Affiliates und zusätzlich ein großes Portfolio an besonderen Partnerschaften mit Verlagshäusern, reichweitenstarken Blogs, Influencern, aber auch das Business mit den Pre-Installations auf mobilen Endgeräten mit Schwerpunkt in den USA. Und im Business Development ist Fundas Team immer auf der Suche nach weiteren Partnerschaften und Wachstumsmöglichkeiten. So haben sie etwa im letzten Jahr sehr erfolgreich die Spiele Elvenar und Forge of Empires im Microsoft Store gelauncht und hier innerhalb kürzester Zeit eine starke Playerbase aufgebaut.
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Du bist ja nun schon einige Zeit in der Games-Branche, hast viele Trends kommen und gehen sehen. Zu den Anfangszeiten und heute: Was hat sich am positivsten verändert in der Branche und was stört Dich an der heutigen Situation?
Trends kommen und gehen, aber eine echte Trendwende und Verbesserung würde ich mir in Sachen Diversität im Gaming wünschen. Wobei es in den letzten Jahren schon besser geworden ist. Zum Beispiel achten Unternehmen heute stärker auf eine inklusivere Tonalität, committen sich zu mehr Diversität etc. Jedoch sprechen die Zahlen in der Branche immer noch für sich: Wir brauchen deutlich mehr Frauen im Gaming. Insbesondere im Leadership, um Sexismus in Chats und Foren zu beenden, mehr Games für Frauen zu entwickeln und auch nachhaltig die gesamte Wahrnehmung der Branche zu verbessern.
Mich stört, dass viele sich damit abfinden und meinen, dass sich Frauen sowieso nicht für Gaming interessieren. Das ist eine zu pauschale Ausrede und vor allem unwahr, denn in Deutschland gibt es 34 Millionen GamerInnen bei einem nahezu ausgeglichenen Geschlechterverhältnis (48% sind weiblich) (Quelle: statista 2021). Es muss sich in der Ausbildung, im Recruiting und im Mindset der Chefetage einiges tun, damit hier ein echter, nachhaltiger Fortschritt sichtbar wird.
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Welche Key Learnings im Bereich Marketing können andere Branchen aus der Games-Branche ziehen?
Da muss man erstmal einen Unterschied zwischen AAA-Titeln, die viel auf Branding setzen, und meinem Bereich der Free-to-Play-Games machen, die stark auf Performance-Kanälen User Acquisition betreiben. Hier kann man lernen, wie datenbasiertes, auf ROAS (=Return On Advertising Spend) optimiertes Marketing funktioniert. Glücklicherweise haben wir bei InnoGames vollkommen digitale Produkte und setzen keinen Kanal ein, welchen wir nicht bis zum LTV (Life Time Value) von Spieler*Innen heruntergebrochen messen können.
Was man noch vom Gaming lernen kann: Man muss schnell sein und Mut zum Testen haben. Wir testen sehr viel, bis wir nachhaltig einen Kanal oder eine Technologie skalieren können: Deshalb kommen auch große Partner wie Google und Facebook gerne auf uns zu, wenn sie Beta-Tester für ihre neuen Produkte suchen.
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Wer sind Deine Vorbilder in der Branche? Gibt es da jemanden? Und wenn, warum?
Ich hatte das Glück, Emily Greer zu ihrer Zeit bei Kongregate kennenzulernen und mich mit ihr auszutauschen. Sie ist ein Gaming-Urgestein und so eine starke Persönlichkeit, die mich nachhaltig begeistert hat. Unabhängig von unserer Branche folge ich Inge Bell, einer echten Kämpferin für die Rechte von Frauen und Janina Kugel für Inspirationen in der Arbeitswelt.
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Wie haben sich die Marketing-Maßnahmen und Kanäle in den letzten Jahren gewandelt? Wo geht es hin im Bereich Games-Marketing?
Was noch vor ein paar Jahren wie Zukunftsmusik klang, ist jetzt Realität: es geht immer mehr in Richtung algorithmusbasiertes Marketing. Aktuell nutzen es die großen „GAFAM“, wie etwa Google AC (App Campaigns) oder Facebooks AAA (Automated App Ads). Es ist nur eine Frage der Zeit, bis fast alle Performance-Kanäle darauf aufbauen werden. Auch intern setzen wir schon länger auf Automatisierung und neuerdings auch in kleinen Schritten auf AI, insbesondere in der Asset-Produktion.
Überall wo ein großer Durchlauf in Analyse, Auswertung und Kreation herrscht, ist der Einsatz eines AI-Tools eine große Zeitersparnis. Ich sehe das sehr positiv: Lassen wir die Maschinen die „monkey work“ machen, während unsere Marketers, Kreativen und Account Manager sich auf die Strategie konzentrieren und nach der nächsten Innovation Ausschau halten.
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Welche Social-Media-Kanäle sind für Euch als Unternehmung im Fokus?
Klar im Fokus ist schon seit geraumer Zeit Facebook, zusammen mit den Extensions Instagram und FAN. Unsere Kernzielgruppe bei InnoGames und im Simulations-Genre allgemein erzielt dort wegen der Altersstruktur (überwiegend 30+ Jahre) die höchste Reichweite. Für Facebook sprechen natürlich noch Themen wie Traffic-Qualität bzw. Genauigkeit der Algorithmen, Targeting-Optionen etc. Jedoch testen wir ständig auch andere Kanäle wie TikTok, Snapchat und die OK/VK, um das Potential dieser Kanäle für uns auszuloten.
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Stichwort Creator- und Influencer-Marketing: Der Trend zu mehr Micro- und Makro-Influencern mit geringerer Reichweite und weniger Fans, dafür aber mehr Authentizität und Engagement: Wie kann die Games-Branche davon profitieren aus Deiner Sicht?
Wie eingangs erwähnt, ist im Free-to-Play-Bereich der Performance-Aspekt sehr wichtig: die Mehrheit der überwiegend großen Influencer arbeiten auf CPM-Basis (Cost per Mille) oder Pauschalbeträgen, die für uns sehr schwer abbildbar sind. Davon haben wir nach ein paar Tests Abstand genommen und tatsächlich mit einigen Micro-Influencern Affilliate-Deals gemacht, die sehr erfolgreich laufen.
Wir haben gesehen, dass genau diese Micro-Influencer sich Mühe geben und sich auch mit unseren Games auseinandersetzen, die dann auch nachhaltig neue Gamer*Innen gewinnen. Wir sind dann einen Schritt weitergegangen und haben unser Partnertool auf Influencer optimiert, so dass sie sich selbst bei uns anmelden und an erfolgreichen Kampagnen direkt partizipieren können.
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Die Medienlandschaft hat sich in den letzten zehn Jahren massiv verändert. Immer noch ist aber PR eines der wichtigsten Kommunikations-Instrumente für den Bereich Games. Wo siehst Du die PR in den nächsten fünf Jahren, was werden die Herausforderungen?
Die Herausforderung wird auch in den nächsten Jahren darin bestehen, mit den eigenen Kernbotschaften relevante Reichweiten zu erzielen und dabei authentisch und glaubwürdig zu sein. Der Wettbewerb wird im Gaming insgesamt noch weiter zunehmen, deshalb muss in der PR immer mehr um die Aufmerksamkeit von Spieler*Innen aber beispielsweise auch um die Sichtbarkeit als Arbeitgeber gekämpft werden.
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Bonusfrage: Auf welches Projekt / Thema in Deinem Job warst Du besonders stolz?
Der Fokus liegt bekanntlich auf Performance. Mein Lieblingsprojekt ist daher, das von vielen nur als Branding-Kanal angesehene TV-Medium mit Performance-KPIs messbar zu machen. Das Medium TV wird nicht mehr oft von Games genutzt, jedoch funktioniert es für uns durch den Second-Screen-Effekt als Direct Response-Medium sehr gut. Es schien fast unmöglich zu sein, aber mit vereinten Kräften konnten wir bei InnoGames diese Herausforderung lösen: Wir haben Messmethoden entwickelt, die es uns nicht nur ermöglichen, den direkten Impact einzelner Spots (wir buchen weltweit zehntausende Spots im Monat, mit Schwerpunkt in US und EU) zu sehen, sondern auch darauffolgende Langzeiteffekte zu ermitteln und somit eine ganzheitliche Wirkungsbetrachtung von TV zu gewährleisten. Länderübergreifend sehen wir nun auch, welchen Effekt TV im Gesamt-Marketingkontext hat.
TV nachweislich messbar zu machen war ein jahrelanger, arbeitsintensiver und leidenschaftlicher Prozess. Viele Firmen (nicht nur im Bereich Gaming) sind abhängig von Drittanbietern, haben hohe laufende Kosten und wissen dann immer noch nicht wirklich, wie viel ihnen TV-Werbung tatsächlich bringt. Dieses Tool erspart nicht nur Geld und Zeit, sondern eröffnete uns durch die generierten Daten neue Perspektiven für das Medium TV, das ja bekanntlich seit über 10 Jahren für tot erklärt wird.
Ganz besonders stolz bin ich aber auf mein Team, das in diesen anderthalb Covid-Jahren trotz der intensiven Emotionalität einen super Job gemacht und niemals die Motivation für unsere Mission verloren hat! DANKE, das beste Team auf dem Planeten!
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