Ein Interview von
Hans Ippischs berufliche Laufbahn begann 1986, als er im Alter von 16 Jahren seine ersten Vertrag als Spieleentwickler bei Rainbow Arts unterschrieb. Bis 1992 entwickelte er zehn Spiele für C64 und Amiga, begann in dieser Zeit Wirtschaftswissenschaften zu studieren und finanzierte dieses Studium als freier Autor bei Computec Media in Nürnberg. Dort stieg er dann 1993 komplett ein, als er neben Amiga Games auch noch Sega Magazin als Chefredakteur übernahm.
Bei Computec war er dann bis 2019 und verantwortete als CEO die Transformation vom klassischen Verlag zum digitalen Medienunternehmen mit 300 Mitarbeitern und einer Reichweite von über 10 Millionen Usern. Im Juni 2019 wechselte er als President of European Operations zum US-Unternehmen Intellivision Entertainment und baut seitdem die Vertriebs- und Marketingstrukturen für die für 2021 geplante Markteinführung des „Intellivision Amico“-Familien-Entertainmentsystems auf.
Insbesondere gehört dazu auch die Entwicklung von exklusiven Amico-Spielen. Derzeit entstehen bereits rund 20 Spiele in Europa, darunter vier der sechs vorinstallierten Spiele und Reboots von Klassikern wie Moon Patrol, Pong oder Shark! Shark!
1
Du bist ja nun schon einige Zeit in der Games-Branche, hast viele Trends kommen und gehen sehen. Zu den Anfangszeiten und heute: Was hat sich am positivsten verändert in der Branche, und was stört Dich an der heutigen Situation?
Die Einstiegsbarrieren sind heute wesentlich niedriger, nahezu jede Person kann heute ein Spiel entwickeln und im App Store oder bei Google Play hochladen. Gleichzeitig sind aber auch die Erfolgschancen so niedrig wie nie angesichts der Flut an täglichen Neuerscheinungen.
2
Welche Key Learnings im Bereich Marketing können andere Branchen aus der Games-Branche ziehen?
Man kann über digitale Medien und Aktionen ganz gezielt die Menschen ansprechen, denen das Produkt gefallen sollte und den Streuverlust so minimieren.
3
Wer sind Deine Vorbilder in der Branche? Gibt es da jemanden? Und wenn, warum?
Es gibt natürlich eine ganze Reihe von Ikonen, vor denen ich höchsten Respekt habe. Aber echte Vorbilder hatte ich nie. Als ich 1986 als Entwickler angefangen habe kannte ich schlichtweg keine anderen Programmierer (damals gab es kein Internet) und als ich in den 90ern dann in die Medienindustrie wechselte, mussten wir als Start Up auch unseren eigenen Weg suchen und wurden von den etablierten Medien und Großverlag eher belächelt. Also gab es auch da keine Vorbilder.
4
Wie haben sich die Marketing-Maßnahmen und -Kanäle in den letzten Jahren gewandelt? Wo geht es hin im Bereich Games-Marketing?
Vor zwanzig Jahren war das noch einfach. Da buchte man seine Print-Strecke in den führenden Spielemagazinen und ausgewählten Special-Interest-Medien und packte noch Online dazu. Und wenn man ein großes Budget hatte, noch Kino, Out-of-Home oder TV. Heute gibt es unzählige Optionen und mein Eindruck ist, dass Trends immer schneller kommen und gehen. Und ich bin überzeugt, dass man für jedes Produkt individuell entscheiden muss, welches Marketingpaket am besten funktioniert. Ob Social Media, Out-of-Home, Online, PoS oder vielleicht sogar Print-Anzeigen, wenn man die richtige Zielgruppe erwischen will.
5
Welche Social-Media-Kanäle sind für Euch als Unternehmung im Fokus?
Prinzipiell sind Facebook, YouTube und Instagram von besonderer Bedeutung, allerdings ist die jüngere Zielgruppe dort kaum vertreten. Insofern muss bei jedem Produkt überlegen, ob man noch andere Medien dazu packt, die gerade angesagt sind, wie TikTok oder evtl. Snapchat.
6
Stichwort Creator- und Influencer-Marketing: Der Trend zu mehr Micro- und Makro-Influencern mit geringerer Reichweite und weniger Fans, dafür aber mehr Authentizität und Engagement: Wie kann die Games-Branche davon profitieren aus Deiner Sicht?
Ich halte diesen Trend für naheliegend, denn der Impact beim Einsatz von Star-Influencern war dann doch oft sehr, sehr überschaubar angesichts des investierten Budgets. Da kann sich die Zusammenarbeit mit Influencern, die eine kleinere, aber sehr viel loyalere Zielgruppe ansprechen, sehr viel mehr lohnen.
7
Die Medienlandschaft hat sich in den letzten zehn Jahren massiv verändert. Immer noch ist aber PR eines der wichtigsten Kommunikations-Instrumente für den Bereich Games. Wo siehst Du die PR in den nächsten fünf Jahren, was werden die Herausforderungen?
In diesem extrem dynamischen Umfeld muss man genau wissen, über welche Kanäle man seine Botschaft ausspielen kann. Wenn man hier einmal ein paar Monate nicht aufpasst und wichtige Trends verschläft, dann ist man schnell weg vom Fenster. Das bedeutet aber nicht, dass man sofort jedem Trend nachlaufen soll.
+1
Auf welches Projekt / Thema in Deinem Job warst Du besonders stolz?
Ich hatte das Glück, dass mir die Arbeit immer sehr viel Spaß machte und ich eigentlich auf alle Projekte stolz bin. Insofern möchte hier lediglich ein paar Meilensteine herausheben. „Soldier!“ (1986) war sicherlich nicht das beste Produkt, aber es mein allererstes Spiel und öffnete vielen Türen. Die völlige Neukonzeption des „Sega Magazin“ im Jahr 1993, die weltweit erste Lizenz von Sony für eine Begleit-CD bei dem unabhängigen Magazin „PlayStation Zone“ im Jahr 1998, der unglaubliche Erfolg von „Kids Zone“ ab dem Jahr 2000, die Transformation von Computec zum Medienunternehmen ab 2008, die Neugründung der „devcom“ 2017 und der Aufbau der Europadivision von Intellivision seit 2019 sind Sachen, die man sicherlich nennen kann. Und dass ich die Entwicklung der Neuauflage von „Moon Patrol“ mit dem Segen von Scott Tsumura, dem des Schöpfers des Originals, verantworte hätte ich mir 1986 nicht einmal im Traum vorstellen können.
Highlights und Insights
von Tech- und Gaming-Leadern aus aller Welt