Ein Interview von
Volker Prott, Marketing- und Media-Professional. Beruflich hat es Volker nach seinem Studium der Medienökonomie zuerst in die Media-Agenturwelt verschlagen, im Anschluss wechselte er zu Electronic Arts (EA) in die Bereiche Media und Marketing. Bei EA hat er nahezu alle Produkte und Franchises betreut, von Blockbustern wie Battlefield und Die Sims bis zu Nischentiteln wie Brütal Legend.
Jetzt ist Volker Prott verantwortlich für die EA SPORTS FIFA-Franchise in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dahinter stecken beispielsweise Partnerschaften mit Fußball-Clubs, -Talents und -Verbänden, die Erarbeitung und Durchführung von Marketing-/Kommunikationskonzepten, das Management von Brand Kooperationen. Volker ist ein Fußball- und Sport-Nerd und kann sich so komplett austoben.
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Du bist ja nun schon einige Zeit in der Games-Branche, hast viele Trends kommen und gehen sehen. Zu den Anfangszeiten und heute: Was hat sich am positivsten verändert in der Branche und was stört Dich an der heutigen Situation?
Der Trend von Packaged Goods zu digitalen Produkten und Services ist die einschneidendste Veränderung in unserer Industrie. Bei der Digitalisierung ist die Games-Branche häufig eine der ersten Industrien, die sich den Herausforderungen stellt und Lösungen entwickelt. Genau das macht die tägliche Arbeit spannend und verhindert glücklicherweise Langeweile im Job. Ein Jahr gleicht selten dem Vorjahr, eine Kampagne selten einer vergangenen Kampagne. Das ist sicherlich kein Trend, sondern eine Konstante, die uns in den kommenden Jahren weiter begleiten wird. Apropos Konstante: Ich finde nach wie vor, dass sich die Games-Branche durch eine außergewöhnliche Kollegialität und einen positiven Spirit auszeichnet. Daher stört mich logischerweise (wie so viele), dass wir eben diesen Spirit aktuell wenig persönlich erleben dürfen, wie beispielsweise auf der gamescom.
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Welche Key Learnings im Bereich Marketing können andere Branchen aus der Games-Branche ziehen?
Wie oben schon beschrieben ist die Games-Branche sehr eng verknüpft mit der technischen Entwicklung und ist selbst gleichzeitig ein hochrelevantes Medium – auch und insbesondere für junge Menschen. Ganz organisch erstellt man daher Konzepte für jüngere Zielgruppen, was voraussetzt, dass man beispielsweise die Mediennutzung genauestes kennt. Ein Key Learning ist daher das tägliche Hinterfragen des eigenen Status Quo, Strategien und Kampagnen können schnell überholt sein. Das gilt sicher für sehr viele Branchen, ist im Games-Bereich jedoch schon immer zentral.
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Wer sind Deine Vorbilder in der Branche? Gibt es da jemanden? Und wenn, warum?
Ein konkretes Vorbild in der Branche habe ich nicht. Ich würde es eher Respekt vor der Arbeit vieler Stakeholder nennen. Das beschränkt sich nicht allein auf den Marketingbereich. Beispielsweise habe ich persönlich riesigen Respekt vor den Arbeiten in den Entwicklungsstudios. Es ist der Wahnsinn, mit welcher Passion und mit welchem Wissen hier Innovationen und neue Produkte und Services entstehen.
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Wie haben sich die Marketing-Maßnahmen und Kanäle in den letzten Jahren gewandelt? Wo geht es hin im Bereich Games-Marketing?
Hier kann man schnell mit Schlagwörtern kommen. Mobile. Individualisiert. Digital. Echtzeit. Content. Performance. Logisch, die Ausgaben in Tageszeitungen werden vermutlich in naher Zukunft im Games-Bereich nicht in die Höhe schnellen. Dennoch bleibt die Ausrichtung einer Kampagne immer eine Fall-zu-Fall-Betrachtung und nicht jeder Trend ist sinnvoll für die eigene Kampagne und die verknüpften Ziele. Daher möchte und kann ich nicht einen ganzheitlichen Trend für die Games-Branche ausrufen, sondern befürworte immer die Offenheit gegenüber neuer Channel bei gleichzeitigem kritischen Hinterfragen und Testing. Um dieses Sicherzustellen, ist eine Messbarkeit der Maßnahmen nach vorab definierten KPIs natürlich zentral, das sollte bei allen Kampagnen eine Selbstverständlichkeit sein.
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Stichwort Creator- und Influencer-Marketing: Der Trend zu mehr Micro- und Makro-Influencern mit geringerer Reichweite und weniger Fans, dafür aber mehr Authentizität und Engagement: Wie kann die Games-Branche davon profitieren aus Deiner Sicht?
Authentizität ist ein gutes Stichwort. Wir haben eben von Trends und Veränderungen gesprochen. Ich denke, eine authentische Diskussion ist immer ein Vorteil, die Zeiten von abgelesenen unglaubwürdigen Statements vorab gebriefter, jedoch meilenweit vom Produkt entfernter Influencer, ist mehr und mehr vorbei. Klar gibt es hier Grauzonen, wenn beispielsweise der Spielspaß im Vordergrund steht und keine spezifische Produktdiskussion. Letztendlich profitiert durch einen authentischen Rahmen nicht nur die Games-Branche, sondern eine Vielzahl von Branchen und nicht zuletzt die Konsumenten bzw. in unserem Fall die Spieler.
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Die Medienlandschaft hat sich in den letzten zehn Jahren massiv verändert. Immer noch ist aber PR eines der wichtigsten Kommunikations-Instrumente für den Bereich Games. Wo siehst Du die PR in den nächsten fünf Jahren, was werden die Herausforderungen?
PR ist und bleibt ein wichtiges Kommunikationsinstrument. Auch hier gilt sicherlich ein neuer Wettbewerb – eine ausgefeilte Preview-/Review-Strategie allein reicht nicht mehr. Die Herausforderungen der nächsten fünf Jahre zu umreißen, führt in diesem Kontext zu weit, die Situation ist sehr komplex. Der Wettbewerb mit anderen Medienformen und Herangehensweisen ist so noch nicht abzusehen. Die Herausforderung ist also im Kern flexibel zu agieren und Mut zur Veränderung zu zeigen.
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Auf welches Projekt / Thema in Deinem Job warst Du besonders stolz?
Immer dann, wenn interdisziplinär alle Räder ineinandergreifen, aus einem Konzept Realität wird und sich die Umsetzung in vielen Channels wiederfindet, wie in Retail, Media, PR, Social Media, bei Partnern etc. Das ist ein großartiger Moment, weil man den Blick hinter die Kulissen hatte. Ich vergleiche das gern mit einer Hochzeit, hier wissen nur die Beteiligten, was hinter der Organisation steckt, die Gäste bekommen bestenfalls davon nichts mit und sind am Ende (hoffentlich) genauso happy wie das Paar selbst. Wenn die Projekte dann beispielsweise vor Ort bei der WM 2018 in Russland für EA SPORTS FIFA durchgeführt werden oder eine Musik-/Label-Kooperation ein Treffen mit Lemmy Kilmister beinhaltete, passt doch alles.
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