Ein Interview von
Fabian Mario Döhla ist Head of Communication bei CD PROJEKT RED, dem Schöpfer der Witcher-Spieleserie und Cyberpunk 2077. Vorher war er in der PR bei SEGA und Codemasters tätig und davor arbeitete er als Redakteur bei Spiele-Magazinen wie „Fun Generation“, „Das offizielle PlayStation Magazin“ und „Mega Fun“.
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Du bist ja nun schon einige Zeit in der Games-Branche, hast viele Trends kommen und gehen sehen. Zu den Anfangszeiten und heute: Was hat sich am positivsten verändert in der Branche und was stört Dich an der heutigen Situation?
Die Games-Branche profitiert natürlich brutal vom technischen Fortschritt. Mehr Rechenleistung bringt mehr Möglichkeiten. Nicht nur grafisch, sondern auch in Anwendungsgebieten wie VR und AR. Parallel dazu haben sich auch Wiedergabemedien verbessert – der Fortschritt geht Hand in Hand, 4K auf PlayStation 5 trifft auf 4K auf dem heimischen Fernseher.
Gleichzeitig ist dies aber auch ein Punkt, den man kritisieren kann. Teilweise liegt der Fokus zu stark auf dem Look und weniger auf Inhalten. Die hohen Entwicklungskosten für optisch ansprechende Spiele sind so hoch, dass nur noch wenige Studios und Publisher Risiken eingehen. Teil 4 der beliebten Super-Serie liegt leider näher als ein kreativer Ansatz.
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Welche Key Learnings im Bereich Marketing können andere Branchen aus der Games-Branche ziehen?
Ich finde es immer etwas schwer, anderen Branchen gute Tipps und Empfehlungen zu geben. Dafür müsste ich sie besser kennen. Allerdings ist es offensichtlich, dass auch in anderen Bereichen die digitale Ausrichtung viel wichtiger geworden ist. Hier hatten wir als Games-Branche natürlich einen Vorsprung – wer sich für Videospiele interessiert, der war viel früher „im Internet unterwegs“ als die Community und Fans in vielen anderen Industrien.
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Wer sind Deine Vorbilder in der Branche? Gibt es da jemanden? Und wenn, warum?
Da gibt es zahlreiche Personen. Tom Kalinske, der ehemalige Chef bei SEGA of America, gehört sicher dazu. Er hat erst mit Mattel und den Masters of the Universe den Markt aufgemischt und dann dafür gesorgt, dass SEGA zumindest für eine Weile auf Augenhöhe mit dem damaligen Hauptkonkurrenten Nintendo lag. Ich konnte mich glücklicherweise ein paar Mal mit ihm unterhalten und habe das immer sehr genossen.
Und dann gab es noch diesen einen Mitarbeiter bei SEGA Deutschland, der irgendwann in den Neunzigern auf der IFA Berlin einige meiner Fragen beantwortet hat und mich für die Branche begeistern konnte. Ich kann mich nicht mehr an seinen weiteren Werdegang erinnern. Aber an seinen Namen: Torsten Oppermann! Guter Typ.
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Wie haben sich die Marketing-Maßnahmen und -Kanäle in den letzten Jahren gewandelt? Wo geht es hin im Bereich Games-Marketing?
Das gezielte Targeting hat vieles verändert. Das hat natürlich Vorteile (wenig Streuverluste, direkte Zielgruppenansprache), bringt aber auch Nachteile mit sich. Clickbait ist zum Geschäftsmodell geworden, seriösere Seiten kämpfen dafür leider mit sinkenden Erlösen. Man muss nun abwarten, ob sich das Engagement im Bereich der Creator und Streamer auf Dauer abnutzt und an Glaubwürdigkeit verliert. Hier liegt es aber mehr am Management und den Künstlern, welche Deals sie glaubhaft rüberbringen können und wollen.
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Welche Social-Media-Kanäle sind für Euch als Unternehmung im Fokus?
Das hängt stark vom Thema und Land ab – neben den Klassikern (wo Facebook immer noch sehr stark ist) sind die meisten Unterschiede auf lokaler Ebene zu finden. Gerade China und Russland stellen andere Plattformen und Ansprüche, die wir aber mit lokalen Kollegen und Kolleginnen jeweils direkt bedienen.
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Stichwort Creator- und Influencer-Marketing: Der Trend zu mehr Mikro- und Makro-Influencern mit geringerer Reichweite und weniger Fans, dafür aber mehr Authentizität und Engagement: Wie kann die Games-Branche davon profitieren aus Deiner Sicht?
Das ist eine sich immer wiederholende Entwicklung – die gab es seinerzeit bei Print, wo man dann mit kleineren Heften und Stadtmagazinen gearbeitet hat. Dann kamen die Fansites und Blogs, nun sind wir bei Micro-Influencern. Persönlich finde ich diesen Weg sehr gut, da er dazu führt, dass sich die Branche intensiver mit den Facetten der Marketing- und Reichweiten-Möglichkeiten beschäftigt. Viele Firmen haben dafür schon hauseigene Experten oder lassen sich von spezialisierten Agenturen gut beraten. Und die Glaubhaftigkeit profitiert deutlich.
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Die Medienlandschaft hat sich in den letzten zehn Jahren massiv verändert. Immer noch ist aber PR eines der wichtigsten Kommunikations-Instrumente für den Bereich Games. Wo siehst Du die PR in den nächsten fünf Jahren, was werden die Herausforderungen?
PR bleibt ein Hybrid-Projekt und muss sehr eng mit Community-Management und Social-Media verzahnt werden. Was auf dem Papier logisch und sinnvoll erscheint, wirkt in der Praxis manchmal noch etwas entkoppelt. Es würde sicherlich helfen, wenn man den Stellenwert der Community-Manager weiter aufwertet und sie auf eine Ebene mit PR-Managern stellt.
Einige Unternehmen haben sich hier bereits moderner aufgestellt, es ist aber noch einige Luft nach oben. Der direkte Austausch – der ja die Grundlage für erfolgreiche Kommunikation sein muss – wird also noch wichtiger. Meistens können Community-Manager und Social-Media-Mitarbeiter eher erahnen, wie ein Thema ankommt und der PR dadurch helfen. Die muss sich dann natürlich auch helfen lassen.
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Auf welches Projekt / Thema in Deinem Job warst Du besonders stolz?
Meistens sind das Ankündigungen ohne Leaks, bei denen die Überraschung dann noch zu 100% vorhanden ist. Dazu gehören das erste Mario & Sonic-Spiel (wo noch Stunden später über einen Aprilscherz spekuliert wurde) oder der Auftritt von Keanu Reeves auf der E3 2019. Als leidenschaftlicher Sneaker-Sammler konnte ich sowohl mit Adidas als auch mit Puma zusammenarbeiten – das hat natürlich auch Spaß gemacht.
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