Ein Interview von
Langjährige Führungskraft und Experte für Einkauf & Produktmanagement und Vertrieb im Retail für Entertainmentprodukte speziell in den Bereichen Musik, Film, Games, Konsolen, Zubehör, Merchandise und Toys. Spezialist für Großflächen und Multichannel-Handel. Seit Juli 2020 in persönlicher Neuorientierungsphase, punktuelle Unterstützung & Ausarbeitung bei diversen Projekten sowie Gesprächs- und Interviewpartner.
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Du bist schon länger im Channel Marketing tätig und hast viele Trends kommen und gehen sehen. Wenn du auf den Anfang deiner Karriere und die Situation heutzutage schaust: Was hat sich am positivsten im Handel getan, was muss in den nächsten Jahren passieren, damit der Handel weiterhin Erfolg hat?
Positiv hat sich in den letzten Jahrzenten die Kundenfokussierung verändert, und die Kundenwünsche wurden konsequenter in den Mittelpunkt des Handelsgeschehen gesetzt, was in der Vergangenheit frei nach dem Motto „Friss oder stirb oder nimm was wir Dir anbieten und im Sortiment haben“ sehr oft nicht der Fall war.
Der Handel muss in Zukunft den Kunden weiterhin auch da abholen, wo er heutzutage abgeholt werden möchte und erreicht wird, ob nun digital oder vor Ort. Jedoch wird sein Anspruch auf Unterhaltung & Entertainment eher in den Mittelpunkt rücken als das reine Fachwissen eines Verkäufers, denn er ist bereits bestens digital informiert und weiß grundsätzlich was er will.
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Lass uns kurz über Brand Ambassadors sprechen: In der Vergangenheit waren Verkäufer im Handel nicht die größten Experten und deshalb haben viele führende Unternehmen sich auf Brand Ambassadors in den Läden verlassen. Jetzt, in den Zeiten von Covid 19 oder auch nach Covid 19, wie sieht die Zukunft von Brand Ambassadors deiner Meinung nach aus?
Die Brand Ambassadors werden meiner Meinung nach, eine deutlich wichtigere Rolle (egal an welchem Touchpoint) spielen, damit die „wenigen“ Verkäufer sich intensiver persönlich um den Kunden sowie die reibungslose Kundenzufriedenheit und derer Unterhaltung kümmern können.
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Moderne Technologien ermöglichen eine echte Omnichannel-Erfahrung. Zum Beispiel kann man sich per AR die Produkte zuhause anschauen, einen Verkaufsberater per Video-Call erreichen und die Produkte sehr zeitnah aus dem Laden um die Ecke nach Hause geliefert bekommen. Was denkst du über diese Möglichkeiten?
Wie schon bereits erwähnt, wird es wichtig sein, den Kunden an allen Touchpoints abzuholen auf dem er sich auch bewegt. Welche diese nachhaltig alle sein werden wird sich Post-Covid-19 noch rausstellen müssen. Aber die Produkte zeitnah aus dem Laden um die Ecke nach Hause geliefert zu bekommen, wird ein Muss sein!
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Wird sich der physische Handel vom reinen „besten Preis“ zur „besten Erfahrung“ wandeln? Werden die Läden sich in Markenerfahrungs-Center verwandeln? Wie siehst du diese Veränderungen, diese Evolution des Handels voraus?
Das Thema bester Preis wird nie ganz weg sein und ist auch abhängig von der Art und der Funktion des gewünschten Produkts. Die beste Erfahrung und Markenerfahrung wird aber klar in den Vordergrund rücken – verbunden mit Wohlfühlcharakter und Gamification.
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Wie wirken sich deiner Meinung nach Social Media und Social Selling auf den stationären Handel aus?
Hier muss der Handel definitiv sein Engagement und Wissen weiter ausbauen, und es wird eine maßgebliche Rolle für Erfolg oder Misserfolg spielen. Das ist ein „must have“ egal für welchen Händler und Größe eines Unternehmens.
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Denkst du, dass Verkaufsberater per Video eine Lösung zu Zeiten von Covid-19 und danach sein können oder virtuelle Chatbots, bei denen die Konsumenten mit einem Roboter oder einem animierten Charakter sprechen können?
Hierzu bin ich mir nicht ganz sicher, was der Konsument nach Covid-19 aufgrund der Situation bereits antrainiert bekommen hat, und wie er sich in Zukunft wieder nach menschlicher und persönlicher Nähe mit echten Menschen sehnt. Ich denke aber, das Thema Videoberatung spielt perspektivisch ergänzend eine verstärkte Rolle und das Thema Bots und animierte Charakter können (wenn gut gemacht und unterhaltend) in das Thema Kundenentertainment einzahlen.
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Service und Installationen werden wichtiger und wichtiger. So brauchen Verbraucher zum Beispiel beim Kauf eines komplexen Smarthome-Setups nicht nur einen Installationsservice, um einen TV an die Wand zu hängen, sondern einen kompletten Setup-Service, der dafür sorgt, dass die Produkte verbunden, programmiert und 100% funktional sind. Warum bietet niemand diese Services an? Wie ist deine Meinung dazu? Sollte dies der Handel oder die Hersteller anbieten? Würden die Konsumenten dafür extra bezahlen oder sollte es Teil einer exzellenten Serviceerfahrung sein?
Diese Services gibt es ja bereits schon bei vielen einschlägigen Händlern gegen Aufpreis mit meist externen Dienstleistern (Bsp. DTB). Die perfekte Kombination wäre natürlich, wenn Handel und Hersteller dies für die Konsumenten parallel noch deutlich sichtbarer anbieten. Die Kunden zahlen zu einem gewissen Grad auch einen Aufpreis, aber umso teurer ein Produkt ist, umso eher sollte es eine exzellente Serviceerfahrung enthalten.
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Bonusfrage: Auf welches Projekt oder Thema in deiner Laufbahn bist du besonders stolz?
Da gibt es viele 😉:
Aufbau der Sortiments- und Abteilungsstruktur des Entertainments-/Gaming-Bereichs, Software im stationären Handel bei Saturn. Sowie Weiterentwicklung mit neuen Konzepten wie Entertainment 2.0 inkl. Merchandise & Toys und Trendthemen.
Image- und TV-Kampagne „Lust auf ein Spielchen“ zur positiven Wahrnehmung für Gaming in der breiten Öffentlichkeit. (Gaming ist nicht böse!)
Kooperationen mit der Messe Leipzig und auch später der Kölner Messe für die unterstützende Etablierung der GC und Games Convention in der breiten Öffentlichkeit.
Einführung und Überprüfung der Altersabgabekontrolle (USK & FSK) über Kassensysteme mit Vorbildcharakter für den weiteren Handel.
Highlights und Insights
von Tech- und Gaming-Leadern aus aller Welt